Begonnen wurde die Mundstückerzeugung von meinem Vater Karl Breslmair im Jahr 1968 durch einen erzählenswerten Zufall. Im Fundus der Wiener Philharmoniker befand sich ein altes Trompetenmundstück, welches in einer Wiener Meisterwerkstätte gefertigt wurde. Die damaligen ersten Trompeter der Wiener Philharmoniker, die Professoren Josef Levora und Helmut Wobisch teilten sich dieses hervorragend gut zu spielende, klanglich ideale Mundstück.
Herr Prof. Wobisch war befreundet mit Wolfgang Higatsberger, Professor an der TU Wien und Leiter des Atomforschungszentrums Seibersdorf, dem er eines Tages von diesem Mundstück erzählte. Wo auch immer die Wiener Philharmoniker auf Konzertreise weilten, sie versuchten Instrumentenerzeuger zu finden, die dieses einzigartige Mundstück nachbauen können. Doch niemand brachte es zuwege, dieses alte Unikat zu kopieren. Higatsberger meinte, dass er ihm helfen könnte, da in Seibersdorf nahezu alles möglich wäre.
Vielleicht hat er in diesem Moment schon an meinen Vater gedacht, der von allen Forschern als genialer Techniker geschätzt wurde. Immer fand er Lösungen in technisch ausweglos scheinenden Situationen; unbürokratisch verstand er es Physikern, Chemikern und Biologen zu helfen. Im persönlichen Gespräch erkannte er Probleme sofort und hatte meist Patentlösungen parat. Als Mitbegründer des Werkorchesters, Geiger und Geigenbauer (Hobby seit früher Jugend) war er für Higatsberger der Mann, der auch mit Mundstücken etwas anzufangen wissen würde. Bis dahin war im Hause Breslmair Blechblasmusik verpönt. Geigenmusik war unsere Leidenschaft. Der Name Wiener Philharmoniker ließ meinen Vater jedoch aufhorchen. Das war eine besondere, ehrenvolle Aufgabe, die ihn reizte. Für die wohl besten Musiker der damaligen Zeit sollte er Mundstücke bauen.
Keiner konnte dieses unscheinbare Ding kopieren, ein gleichwertiges herstellen. Nun lag es an meinem Vater, den dieser Auftrag ganzkörperlich erfasste. Als 14-Jähriger war auch ich als Ferialpraktikant peripher an den Arbeiten meines Vaters und dessen Team beteiligt. Endlos lange Zahlenkolonnen musste ich interpolieren, Koordinatenpunkte auf Millimeterpapier zeichnen. Monate später konnten die ersten Mundstücke gefertigt werden. Mein Vater brachte diese Prototypen zum „Bühnentürl“ der Wiener Staatsoper und gab sie dort weisungsgemäß ab. Alle trugen die Bezeichnung G1, als erste brauchbare Prototypenserie nach dem vergoldeten (G), alten, namenlosen Original.
Innerhalb weniger Wochen waren die Mundstücke unter einigen wenigen Spitzenmusikern verteilt. Es war meinem Vater tatsächlich gelungen, ein Mundstück zu entwickeln, das höchsten Ansprüchen gerecht werden konnte. Das Wissen um die Formen der Kessel und Dimensionen der Bohrungen ließ sich auch auf andere Blechblasinstrumente übertragen. Breslmairs „Seibersdorfer“ Mundstücke waren fortan tonangebend und sind bis heute fester Bestandteil der Wiener klassischen Musikszene.