Probleme für Musiker und Hersteller
Ein nachträgliches Messen oder Vermessen von Mundstücken stellt nicht nur für den Musiker große Probleme dar. Erst die moderne Computertechnologie macht es möglich, mittels Freiform-Messtechnik ein Mundstück exakt zu definieren. An dieser Stelle möchte ich dieses Thema jedoch nicht betrachten, es ist zu speziell und im Alltag nicht anwendbar.
Herkömmlich exakt gemessen können Längen sowie Außendurchmesser werden. Mikrometerschrauben und Schublehren lassen Messungen mit einer Genauigkeit im Hundertstel-Millimeterbereich zu. Die Bohrung eines Mundstückes kann mittels Bohrerschäften (nicht schneidende Seite des Bohrers) bestimmt werden,, exakter, aber kaum verfügbar, kann dieses Maß mit sogenannten Passstiften (Normalien) erhalten werden (präzise geschliffene, gehärtete Stahlzylinder mit bestimmten Durchmesser).
Die Probleme beginnen bei der Bestimmung der Becherweite (oder Rand-Innenweite). Es gibt in diesem Bereich keine parallelen Flächen oder Zylinder, die exakt gemessen werden können. Radius reiht sich an Radius und lässt eine Durchmesserbestimmung nicht zu. Manche Hersteller geben in ihren Broschüren kühne Maße ihrer Becher an. Was fehlt, ist eine Angabe, wo diese Werte gemessen wurden. Leider gibt es auf diesem Gebiet noch keine Norm, die dem Musiker weltweit Vergleichswerte liefern könnte.
Uns interessierten die Angaben eines renommierten Herstellers und wir überprüften diese in einigen Fällen. Wir vermutet, wurde der angegebene Wert bei den jeweiligen Modellen an unterschiedlicher Stelle erreicht, was schließen lässt, dass es sich lediglich um Schätzungen handelt. (Auch ungenaue Produktion und schlampige Endfertigung kann zu enormen Abweichungen führen)
Daraus resultiert für den Musiker, dass diese Angaben für ihn fiktive Werte darstellen, mit denen er absolut nichts anfangen kann, weil keine Vergleiche zu anderen Herstellern möglich sind.
Vermessung der Becherweiten
Bleiben wir daher bei der „Vermessung“ der Becherweiten bei der Methode mittels einer Münze. Jeder Interessierte verwendet dabei seine persönliche Münze. Egal welche Währung Verwendung findet, man muss nur die Stärke und den Durchmesser kennen. Legt man nun diese Münze in den Kessel, so wird diese, dem jeweiligen Becherdurchmesser entsprechend, herausragen oder mehr oder weniger tief drinnen zu liegen kommen. Wie auch immer, es kann nun zwischen verschiedenen Kesseln eine Relation hergestellt werden, die einigermaßen Aussagekraft besitzt. Es wäre falsch, bei einem Mundstück von einem breiten Rand zu sprechen, nur weil der Außendurchmesser z.B. 29.0mm beträgt. Entscheidend ist das Verhältnis des Außendurchmessers zum Innendurchmesser. Daraus errechnet sich ein Verhältniswert, der den Rand als schmal oder breit auszeichnet.
Ein weiteres Merkmal, welches sich von ganz alleine im Lauf der Zeit ergibt, ist der sogenannte „Reibring“. Wer sein Mundstück regelmäßig auf eine harte Oberfläche stellt (nicht empfehlenswert!) wird feststellen, dass er seinen Rand, ursprünglich glatt poliert glänzend, zerkratzt. Die höchste Stelle des Randes tritt matt, ringförmig zerkratzt hervor. Misst man diesen Durchmesser an mehreren Mundstücken, wird man Unterschiede feststellen können.
An dieser Stelle wirkt der meiste Druck auf die Lippen des Musikers. Dieser Ring sollte innerhalb der inneren Hälfte des Randes liegen. Je weiter er beim Mundstückzentrum liegt, desto schärfer wirkt der Rand (exakter Einsatz). Es können an dieser Stelle keine konkreten Angaben gemacht werden, da der Rand als Gesamtheit gesehen werden muss und beim Musiker Wohlbefinden auslösen sollte. Treten jedoch Probleme bei Ausdauer, erreichbarer Tonhöhe oder Klangfarbe auf, wird auch dieser Aspekt genauer betrachtet werden müssen.
Im Zentrum der Betrachtung
liegt sicher der Kessel eines Mundstückes. Er scheint die Lösung aller Probleme in sich zu bergen. Er ist der Ausgangspunkt für alle wohlklingenden und auch schrillen Töne. Er formt den Klang, zwingt den Luftstrom, engt die Lippen ein oder gibt ihnen zu viel Freiraum. Er ist zu tief und auch wieder zu seicht. Er verträgt sich mit den Pumpenventilen, nicht aber mit Drehventilen…
Fragen sie uns, als Hersteller, wie der ideale Kessel auszusehen hat, so können wir nur sagen: Er muss dem Musiker, seiner Musik und seinem Instrument angepasst sein.
Bei aller Forschungstätigkeit, die Blechblasinstrumente und Mundstücke über sich ergehen lassen mussten, konnten jedoch keine Ergebnisse erzielt werden, die dem Hersteller konkrete Vorgehensweisen gaben. Meister fertigten empirisch, in Zusammenarbeit mit ihren Testbläsern, Mundstücke, die deren Klangvorstellungen gerecht zu werden versuchten. Zahllose Modelle wurden kreiert und wieder verworfen, Modellpaletten vieler Hersteller sind schier unüberschaubar. Wer sollte über Vor- und Nachteile einzelner Produkte noch Bescheid wissen, Empfehlungen abgeben können?
Unsere Standardkessel sind die Modelle G1 bis G4. Diese hat Karl Breslmair von seinem Vater übernommen, der ständig versucht hat, Spitzenmundstücke zu fertigen.
Die Konstanz der Formen
Große Probleme bereitete den Herstellern von Mundstücken immer die Konstanz der Formen. Von Hand gefertigte Mundstücke blieben immer Einzelstücke und Prototypen. Das System der Tonbildung ist dermaßen kompliziert, dass schon kleinste Unterschiede durch Fertigungstoleranzen wesentliche Änderungen des Klangbildes oder des Spielverhaltens bringen.
Um diese Fehler zu eliminieren arbeiten wir mit modernsten Fertigungsmaschinen, teilweise unter Einsatz von Diamantwerkzeugen. Dadurch erreichen wir eine Wiederholgenauigkeit im Mikrobereich. Abstriche dieser hohen Genauigkeit müssen ohnehin durch nachfolgende Arbeitsgänge bis hin zur Galvanisierung in Kauf genommen werden.
Vielleicht fragen Sie sich bereits, warum wir keine konkreten Angaben über Kesselformen machen. Darauf können wir nur sagen, dass es uns fernliegt, Banalitäten zu zitieren oder von anderen Verfassern abzuschreiben. Dieses Thema ist viel zu heikel, als es damit zu beschreiben, dass ein tiefer Modulkessel einen schönen großen Ton und ein seichter Modulkessel besser für die Höhe geeignet ist. Ich gebe V-förmigen Kesseln den Vorzug vor C-förmigen Kesseln. Letztere mögen für Perinetsysteme vielleicht besser geeignet sein (mehr Widerstand durch Stau) doch klanglich rangiert in beiden Fällen ein V-förmiger Modulkessel vorne (Wiener Stil).
Wie steht es jedoch mit der Bohrung selbst? Sollte man 3,8mm bohren oder 3,6mm den Vorzug geben? Das sind bereits Feinheiten, die ebenfalls nicht generell beantwortet werden können. Liegt die Seele eher hoch, erreichen wir andere Eigenschaften, als wenn sie tief liegt. Sehr wichtig ist die Länge der Seele selbst. Jeder Abschnitt des Kessels und eine Änderung daran bewirkt auch eine Änderung des Klanges und Ansprechverhaltens. Die Stängelbohrung kann nicht klug genug gewählt werden, um einem Modell das nötige Leben einzuhauchen.
Jedes unserer Modelle durchläuft ein umfangreiches Testprogramm, bis es in das Standardsortiment aufgenommen wird. Zahllose Kombinationen werden ausprobiert, bevor wir eine Empfehlung zu geben wagen.
Entscheiden wird letztlich der kritische Musiker, der spürt, welcher Type er den Vorzug gibt. Kein großes Sortiment kann einen Musiker zufriedenstellen, wenn er nicht weiß, in welcher Richtung er zu suchen hat, und keine blumigen Beschreibungen können ihm einen Eindruck vermitteln, wie sich ein Mundstück wirklich auf den Lippen anfühlt.